Erste Tage mit Passar – Ein Erfahrungsbericht
Am 1. Juni 2023 hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) die erste Version des neuen Warenverkehrssystems «Passar» in Betrieb genommen. Der Lancierung vorausgegangen sind Jahre der intensiven Vorbereitung. Wir wagen einen Blick hinter die Kulissen und zeigen, wie die Tage rund um die Einführung des neuen Systems gelaufen sind.
21.06.2023, Alain Dulio, Yanis Gogniat, Eva Künzi und Nicolas Rion
26. Mai 2023: 6 Tage vor der Einführung. In Stabio mit Ines Gallotti
Dieser Freitag ist eine Art Generalprobe. Wir begleiten Ines Gallotti, eine der Passar Ambassadorinnen und Ambassadoren, welche die Einführung des neuen Warenverkehrssystems in den verschiedenen Lokalebenen des Zolls begleiten. «Das ist eine wichtige Verantwortung. Unsere Rolle als Brücke zwischen dem System und den Mitarbeitenden ist von zentraler Bedeutung», erklärt sie. An diesem Tag in Stabio, sechs Tage vor der Einführung von Passar 1.0, ist Ines Gallotti sehr gefragt. Einige Mitarbeitende haben sich bereits an die neuen Systeme gewohnt. Einer von ihnen arbeitete nach der Vorführung durch Ines Gallotti sogar den ganzen Tag mit dem neuen System munter weiter, obwohl Passar noch nicht offiziell in Betrieb war. Andere sind noch etwas unsicher oder haben Fragen. Diese werden gemeinsam besprochen. Es bleibt noch eine ganze Woche Zeit. Ausserdem wird Passar schrittweise in Betrieb genommen.
Was war die grösste Herausforderung? «Die rund siebzig Mitarbeitenden im Zoll Mendrisio zu schulen, während das Tagesgeschäft ununterbrochen weiterlief.» Zunächst eigneten sich die Passar Ambassadorin Gallotti und ihr Stellvertreter Roberto Borrello in mehreren Workshops in Bern das nötige Wissen an. Anschliessend organisierten sie mehrere halbtägige Kurse vor Ort in Stabio für ihre Kolleginnen und Kollegen. Informationsveranstaltungen wurden auch den Wirtschaftspartnern des Zolls angeboten, die sich ebenfalls auf die Umstellung auf das neue System vorbereiten. «Der Zeit- und Energieaufwand war beträchtlich, aber er ermöglicht es uns, dem 1. Juni gelassen entgegenzusehen», schliessen Ines und Roberto mit einem Lächeln.
1. Juni 2023: Der Tag der Einführung. In Rheinfelden mit Andrea Werder
Frühmorgens an der Grenze. Wir treffen Andrea Werder, Chefin Gruppe und Passar Ambassadorin im Zoll Aargau, um 4:30 bei der Zollstelle Rheinfelden. Die ersten Lastwagen stehen schon beim Grenzübergang bereit, damit sie um Punkt 5 Uhr vorgelassen werden können. Ein letztes Briefing mit den Mitarbeitenden in den Hochkabinen und den Vorgesetzten, die sich die Gelegenheit auch nicht entgehen lassen wollten, bei den ersten Minuten von Passar dabei zu sein. Und schon werden die ersten Meldungen erfasst. Auch wenn das neue System ausgiebig getestet wurde, eine gewisse Erleichterung ist dennoch zu spüren, als die Meldungen fehlerfrei in Passar erfasst werden können.
Als um 6:00 die Sonne langsam über den Horizont klettert und der erste Ansturm vorüber ist, konstatiert Andrea Werder erfreut: «Es scheint alles wie geplant zu funktionieren. Für die Mitarbeitenden ändert eigentlich wenig und die Chauffeure sollten von der Umstellung nichts merken – ausser, wenn sie die Activ App nutzen, dann können sie viel schneller über die Grenze».
Später am Morgen folgt eine Telefonkonferenz mit den anderen Dienststellen des Zoll Aargau und am Nachmittag eine Stippvisite beim Grenzübergang Stein/Bad Säckingen. Überall stellen wir fest: Der Einführungstag war ein voller Erfolg. Der Warenverkehr fliesst einwandfrei und Andrea Werder kann sich bei Feierabend eine wohlverdiente Abkühlung gönnen.
8. Juni 2023: Nach einer Woche Betrieb. In Vallorbe mit Sylvain Maudamey
Eine Woche nach dem Start rollt der Warenverkehr wie gewohnt. Man könnte meinen, der Mitarbeiter des Zolls habe schon seit jeher mit Passar gearbeitet, wenn man ihm in der Hochkabine in Vallorbe zuschaut: EETS:OK auf dem LSVA-Monitor, pulsierender blauer Pfeil der Activ App auf dem Smartphone des Fahrers, ein bestätigender Blick in Passar: «Alles in Ordnung, danke.» Der LKW hat kaum angehalten. Genau wie die nächsten beiden Fahrzeuge, die mit Stroh und Kies beladen sind. Sie verwenden ebenfalls eine digitale Lösung des Zolls: die Periodic App.
Der nächste Fahrer hält hingegen sein Fahrzeug an, kramt auf dem Beifahrersitz herum und reicht dem Mitarbeitenden schliesslich vier Blätter Papier. «So, was haben wir denn da?» Nachdem er die Dokumente durchgeblättert hat, steht der Zoll-Mitarbeiter kurz auf, um das Kennzeichen zu überprüfen, setzt sich wieder hin, erfasst eine Transportmeldung in Passar und aktiviert sie manuell: scan, klick, scan, scan, klick, klick. Als er dem Fahrer die Papiere zurückgibt, fügt er einen Flyer hinzu: «Next time phone and Activ, ok? »
«Wir sind von 100 Nutzungen der Activ App auf 1000 pro Woche in knapp zwei Monaten gestiegen», freut sich Sylvain Maudamey. «Das macht bereits mehr als 50 % der Transite aus.» Über die Informationskampagne hinaus funktioniert auch die Mund-zu-Mund-Propaganda. «Ich mag diese Energie», erklärt Sylvain Maudamey weiter, Passar Ambassador im Zoll Waadt. «Ein neues System wird eingeführt und wir lernen jeden Tag, wie wir damit besser arbeiten können.»
Ein Beispiel? «Nachdem sie ihre Transitdokumente in Activ gescannt und ihren LKW parkiert hatten, gingen einige Fahrer zu Fuss über die Grenze, um einen Kaffee zu trinken. Dabei wurden die Meldungen aktiviert. Die Activ App zeigte danach einen Stop an, als sie mit ihrem LKW weiterfahren wollten. Innerhalb von nur zehn Minuten konnten wir die Geofence-Zonen für die Aktivierung anpassen, um dieses Problem zu vermeiden.»
14. Juni 2023: Blick nach vorne. In Zollikofen mit Dominik Meier
Wie geht es weiter? «Der 1. Juni war der Start der etappierten Einführung von Passar. Die erste Hürde ist geschafft, jetzt fokussieren wir uns auf die nächsten.» Dominik Meier steht vor dem langen Planning Board. Bereits zum 20. Mal führt er als Product Manager und Co-Programmleiter DaziT durch das grosse, zweitägige PI Planning. Monatelang haben die Fachvertreter, Architekten, Entwickler und Tester auf diesen Termin hingearbeitet. Auf den Gesichtern sieht man eine Mischung aus Freude, Stolz und Erleichterung. Doch keine Zeit, sich auf den Lorbeeren auszuruhen: Die Entwicklungsarbeiten müssen mit vollem Tempo weitergehen.
«Die allerletzten Elemente für den 1. Oktober sind in Entwicklung. Parallel dazu arbeiten wir bereits an Passar 2.0.», erklärt Meier in der Pause. Das neue Warenverkehrssystem und die allermeisten Umsysteme, wie das ePortal, die Stammdatenverwaltung oder das Dokumentenmanagement, sind jetzt produktiv. «Wir entwickeln diese nun weiter, erweitern die Funktionalitäten und werden sie wieder in Abstimmung mit der Wirtschaft in Etappen einführen, genau wie bisher», fasst Meier zusammen.